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Ausgabe 7/99 Themenheft: Kosovo-Krieg   Seite 17ff

Der Krieg um das Kosovo ist (vorläufig?) beendet. Nicht ausgeräumt sind die Probleme, auf die er teils antwortete, die er zu einem anderen Teil selbst aufgeworfen oder verschärft hat: Die NATO-Bomben haben der Regierung in Belgrad einen willkommenen Vorwand geliefert, ihre wohl von längerer Hand vorbereitete Totalvertreibung der albanischen Bevölkerung in kürzester Zeit und mit größter Brutalität umzusetzen. Jetzt erwartet die Menschen, sofern sie überhaupt zurückkehren wollen oder müssen, ein vermintes Land mit zerstörten Dörfern und Städten.

Bernd Ladwig

Der Kosovokrieg im Spannungsfeld von Moral und Recht

Die serbische Minderheit im Kosovo könnte den Versuch der Wiederherstellung einer multi-ethnischen Enklave nur allzu schnell durch ihre Massenflucht vereiteln: Zu verbreitet dürfte in dieser Bevölkerungsgruppe die Angst vor Racheakten sein, als daß man ihr das Verbleiben in der angestammten Heimat ernstlich zumuten könnte. Ihre Ankunft im serbischen Kerngebiet würde die Notlage, die dort schon heute herrscht, katastrophal zuspitzen: Serbien ist wirtschaftlich schwer geschädigt; große Teile seiner Infrastruktur und seiner Schlüsselindustrien sind zerstört, und auf internationale Hilfe darf es zumindest so lange nicht hoffen, wie der vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag angeklagte Slobodan Miloševic das Land 'regiert'.

Dieses düstere Bild ist nicht unbedingt dazu angetan, die Zweifel an der Vertretbarkeit des gerade zu Ende gegangenen Krieges zu beschwichtigen. Diese Zweifel sind nicht nur, aber wesentlich auch moralischer Natur . Drei solcher Zweifel möchte ich im folgenden überprüfen: Sie beziehen sich auf die Richtigkeit der Zwecke, auf die Legalität der Angriffe sowie auf die Rationalität und Verhältnismäßigkeit der Mittel. Weder heiligt der Zweck alle Mittel, noch rechtfertigt die Moral eine grundsätzliche Mißachtung des Rechts.

Eine unmittelbare Moralisierung der internationalen Beziehungen käme weder dem Frieden noch den Menschenrechten zugute. Das Prinzip des Friedens gebietet das Verlassen des 'Naturzustandes' zwischen den Staaten und den Eintritt in eine globale Rechtsordnung. Das Prinzip der Menschenrechte sollte als konstitutiver Teil einer solchen Ordnung verstanden werden, nicht als Vorwand, dem Recht den Rücken zu kehren. Der Krieg der NATO kann legitim nur in dem Maße genannt werden, wie er eine wünschenswerte Entwicklung des Völkerrechts wenigstens vorweggenommen hat.(1)

Rambouillet und die inneren Angelegenheiten

Was die erklärten Kriegsziele der NATO betrifft, kann ich mich kurzfassen: Sie sind moralisch makellos - jedenfalls, wenn man sie für sich betrachtet und hinter den ausdrücklichen Begründungen keine versteckten Absichten vermutet. Faktisch dürften einer Entscheidung zum Kriegseintritt stets gemischte Motive zugrundeliegen.(2) Zum einen aber haben wir keinen Grund, die Rolle moralischer Beweggründe von vorneherein herunterzuspielen. Wer einen anderen der Unaufrichtigkeit bezichtigt, trägt dafür die Beweislast, und im Fall des Kosovo lagen die klassisch machtpolitischen Motive nicht eben auf der Hand. Zum anderen genügt es für unsere Zwecke, das tatsächliche Handeln der Akteure an der Rechtfertigung dieses Handelns zu messen: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!

Das erklärte Ziel des Westens war die Erhaltung eines multiethnischen Kosovo, das gleichwohl weiterhin der jugoslawischen Souveränität unterstehen sollte. Der Vertragsentwurf von Rambouillet sah eine Wiederherstellung der Autonomie des Kosovo vor. Im Gegenzug sollten der serbischen Minderheit großzügige Vertretungsrechte eingeräumt werden. Dieser Teil des vorgesehenen Abkommens war augenscheinlich fair: Er dokumentierte die Ablehnung 'ethnischer Säuberungen' als Mittel des nation building, ohne deshalb dem albanischen Drängen nach neuen Staatsgrenzen nachzugeben.(3) Strittig war hingegen der militärische Teil des Vertragsentwurfes.

Die Präsenz einer robusten internationalen Streitmacht schien nach allen Erfahrungen mit den vielen Vertragsbrüchen und der Brutalität der serbischen Seite unverzichtbar zu sein: Die ethnischen Albaner wären andernfalls der Willkür serbischer 'Sicherheitskräfte' ausgeliefert gewesen. Der militärischen Implementierung eines solchen Schutzes jedoch hat sich die serbische Delegation pauschal widersetzt. Das berüchtigte Annex B, das der NATO eine gewisse Bewegungsfreiheit innerhalb Serbiens zusichern sollte, spielte bei dieser Ablehnung keine besondere Rolle.(4) Vielmehr sah Serbien in der Stationierung fremder Truppen als solcher eine unzumutbare Einschränkung seiner Souveränität. Auf das Recht zur freien Regelung seiner inneren Angelegenheiten konnte es sich dabei allerdings nicht berufen. Wenn ein Staat seine Souveränität dazu mißbraucht, eine Minderheit zu drangsalieren, faktisch auszubürgern und mit Völkermord zumindest zu bedrohen, darf er sich über die Forderung nach der Stationierung fremder Truppen nicht beschweren.

Der Vorwurf des Völkermordes mag übertrieben anmuten, er wird aber durch die völkerrechtliche Definition dieses Tatbestandes gedeckt. Als Völkermord gelten "alle gegen die Mitglieder einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe gerichteten Handlungen, die in der Absicht begangen werden, die Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: Tötung von Mitgliedern der Gruppe, Verursachung von schweren körperlichen oder seelischen Schäden an Mitgliedern der Gruppe; vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhütung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe".(5) Bereits das serbische Verhalten vor Beginn der Luftangriffe dürfte zumindest einige dieser Tatbestände erfüllt haben.

Damit aber war ein guter Teil der serbischen Polemik gegen das angeblich unannehmbare 'Diktat' von Rambouillet von vorneherein hinfällig. Die Verbrechen im Kosovo waren keine innere Angelegenheit des jugoslawischen Staates. Der Internationale Gerichtshof hat entschieden, daß durch Völkermord ein Rechtsgut verletzt wird, an dessen Schutz alle Staaten ein rechtliches Interesse haben.(6) Die Aufforderung zur Verhinderung dieses Verbrechens ergeht daher erga omnes, an alle Staaten. Über die zulässigen Zwangsmittel allerdings schweigt sich die herrschende Meinung im Völkerrecht aus. Umstritten ist vor allem, ob sich Androhung und Gebrauch militärischer Gewalt legitimieren lassen.

Die NATO-Staaten zumindest ließen an ihrem guten Gewissen keinen Zweifel. Sie begründeten ihr Eingreifen mit dem moralisch unabweisbaren Hinweis auf die himmelschreienden Verbrechen der serbischen 'Sicherheitskräfte'. Weniger sicher schienen sie sich auf völkerrechtlichem Terrain zu sein. Nicht nur die amerikanische und britische Regierung, auch die deutschen Minister Scharping und Fischer sprachen weniger von einem rechtmäßigen als von einem "gerechten Krieg". Damit aber griffen sie nicht nur auf eine scholastische Begründungsfigur aus der Zeit des vormodernen Naturrechts zurück(7); sie ließen auch das Gespür für den Eigensinn völkerrechtlicher Regelungen vermissen. War diese Moralisierung unvermeidlich? Hat die NATO einen völkerrechtswidrigen (Angriffs-)Krieg geführt, der allein noch den legitimatorischen Ausweg einer Berufung auf 'höhere' moralische Einsichten zuließ?

Humanitäre Intervention

Die Allianz hat ihre Kriegführung im wesentlichen als humanitäre Intervention verkauft. Eine Intervention im engeren Sinne des Wortes ist ein Eingriff in die Belange eines anderen Staates gegen den Willen wenigstens eines erheblichen Teils der Bevölkerung oder der Regierung dieses Staates.(8) Sie muß daher zumindest durch die Androhung des Gebrauchs militärischer Mittel gedeckt sein. Zum regelrechten Krieg wird der Eingriff, wenn er auf militärische Gegenwehr stößt oder solcher Gegenwehr durch eigenen Waffeneinsatz zuvorkommen will.

Humanitär ist die Intervention, wenn ihr Zweck die Verhütung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen ist und die Verbrechen vom angegriffenen Staat oder von Gruppen innerhalb dieses Staates an Bürgern oder Machtunterworfenen desselben Staates verübt werden.(9) Die humanitäre Intervention richtet sich gegen Akte, "die das moralische Gewissen der Menschheit schockieren".(10) Sie wendet sich gegen die völlige Entrechtung, Vertreibung, Mißhandlung, Demütigung oder Ermordung einer erheblichen Zahl von Menschen unter dem Vorwand der Ausübung oder im Schatten des Versagens staatlicher Autorität.

Einer völkerrechtlichen Anerkennung der Zulässigkeit humanitärer Interventionen stand jahrzehntelang die absolute Dominanz des Gewaltverbots entgegen. Die Charta der Vereinten Nationen schützt die Souveränität und territoriale Integrität der Staaten im Namen des Friedens. Sie kennt nur zwei Ausnahmen vom Verbot der Kriegführung: das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Artikel 51 und Gewaltmaßnahmen nach Kapitel VII: Stellt der Sicherheitsrat einen Bruch oder eine Bedrohung des Weltfriedens fest, so kann er den Einsatz von Gewalt autorisieren. Auch das Recht eines Staates auf Selbsthilfe besteht nur solange, wie der Sicherheitsrat einer zwischenstaatlichen Aggression nicht selbst entgegentritt.

Mögliche Friedensprobleme wurden zunächst allein in den Beziehungen zwischen den Staaten vermutet; innergesellschaftliche Gewalt fiel nicht in den Zuständigkeitsbereich von Kapitel VII. Das sicherte den Staaten eine fast unbeschränkte Handlungsfreiheit im Inneren und schien die von der UNO-Charta und vielen nachfolgenden Konventionen gleichfalls geforderte Durchsetzung der Menschenrechte von vorneherein zu vereiteln. Der einzelne blieb auf Gedeih und Verderb der Gewalt 'seines' Staates ausgeliefert - allenfalls konnte er zu fliehen versuchen. Das Völkerrecht der Nachkriegszeit zog demnach aus der Erfahrung mit dem Nationalsozialismus eine halbherzige Konsequenz: Es orientierte sich am Grundsatz 'nie wieder Krieg', doch es nahm den Holocaust als eigenständiges Großverbrechen nicht ernst genug: "Drastisch ausgedrückt, aber keineswegs in unzulässiger Überspitzung: Hätte Hitler 'nur' die deutschen Juden ermorden lassen, kein anderes Land hätte sich zum Eingreifen genötigt sehen müssen."(11)

In den neunziger Jahren ist der Sicherheitsrat jedoch in einigen Fällen zu einer weiten Auslegung des Friedensbegriffes übergegangen. Als Bruch oder Bedrohung des Friedens kommen seitdem auch erhebliche Menschenrechtsverletzungen im Inneren eines staatlichen Herrschaftsbereiches oder in den Ruinen einer zerfallenen Staatlichkeit (failed state) in Betracht. Als Beginn einer möglichen Ära humanitärer Interventionen gilt gemeinhin die Resolution 688 vom 5. April 1991 zum Schutz der verfolgten Kurden im Norden des Irak. Diese Resolution argumentierte allerdings noch mit der internationalen Dimension eines Flüchtlingsproblems, das sich zur Bedrohung benachbarter Staaten auswachsen könne. Erst die Resolution 794 zu Somalia vom 3. Dezember 1992 identifizierte die schwerwiegende Verletzung von Menschenrechten direkt als "Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit". Dieser Interpretation ist der Sicherheitsrat auch in nachfolgenden Resolutionen zu Haiti, Ruanda und Bosnien gefolgt.(12)

Die Bedeutung dieser Innovation ist erheblich: Sie relativiert die Souveränität der Staaten im harten Kernbereich der militärischen Sicherheit. Prinzipiell können Verbrechen im Inneren eines Staates den Einsatz kriegerischer Mittel gegen diesen Staat rechtfertigen. Diese Möglichkeit bringt das zunehmende völkerrechtliche Gewicht des Einzelmenschen zum Ausdruck. Zumindest perspektivisch wird der einzelne den Staaten (und internationalen Organisationen) als Subjekt des Völkerrechts an die Seite gestellt. Diese Entwicklung verweist intern auf die Perspektive eines Weltbürgerrechts. Einer solchen Rechtsordnung würden die einzelnen Menschen unmittelbar angehören; sie wären nicht länger durch ihre Staaten 'mediatisiert'(13) Menschenrechtlich ist diese Entwicklung nur konsequent.

Menschenrecht und Staatenrecht

Das Prinzip der Menschenrechte durchstößt schon als solches den Souveränitätspanzer der Staaten. Mit der Völkermordkonvention von 1948 und den Menschenrechtspakten von 1966 hat ein Prozeß der völkerrechtlichen Positivierung der Menschenrechte eingesetzt, der mittlerweile auch strafrechtliche Konsequenzen zeitigt. Nachdem der Sicherheitsrat zunächst zwei ad hoc-Tribunale für Ruanda und das ehemalige Jugoslawien eingerichtet hatte, wurde im vergangenen Jahr in Rom die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofes beschlossen. Im Lichte dieser Entwicklungen ist es nur folgerichtig, wenn der internationale Schutz der Menschenrechte mit schlagkräftigen Instrumenten versehen wird.

Menschenrechte sind moralische Rechte, die intern auf Verwirklichung in der Form positiv geltenden Rechts angelegt sind. Sie sollen nicht allein als moralische Appelle, sondern zugleich als äußerlich zwingende Normen wirksam werden.(14) Das Konzept der Menschenrechte hat folglich einen interventionistischen Kern: Gelten Menschenrechte auch innerhalb einer Familie, so muß der Staat zum Beispiel gegen Vergewaltigung in der Ehe oder gegen die Mißhandlung von Kindern durch ihre Eltern vorgehen. Für die internationalen Beziehungen gilt analog, daß die Positivierung der Menschenrechte die möglichen Anlässe für Eingriffe in die inneren Belange von Staaten (die dann nicht mehr ohne weiteres deren innere Angelegenheiten sind) erheblich vermehrt.

Moralisch gesehen stellt diese Entwicklung das Völkerrecht vom Kopf auf die Füße: Nicht das Gedeihen der Staaten, allein das Gedeihen der Menschen hat einen ultimativen Wert.(15) Ihrem Schutz und ihrer Schonung hat daher alles legitime Recht im letzten Grund zu dienen. Staaten sind moralisch gerechtfertigt nur insofern, als sie den vereinigten Willen ihrer Bürgerinnen und Bürger zum Ausdruck bringen. Diese Reihenfolge der Rechtfertigung verweist direkt auf den Grundsatz der Volkssouveränität.

Das Völkerrecht der Nachkriegszeit hingegen unterscheidet nicht zwischen mehr oder weniger legitimen Mitgliedern der Staatengemeinschaft. Es definiert die Verletzung der politischen Unabhängigkeit und territorialen Integrität von Staaten als Verbrechen, ungeachtet der größeren oder geringeren Möglichkeiten zur - individuellen und kollektiven - Selbstbestimmung und politischen Beteiligung in deren Inneren. Selbst Staaten, die einer auch nur minimalen Loyalität ihrer 'Angehörigen' ermangeln, gelten grundsätzlich als unantastbar.

Moralisch ergibt diese Gleichgültigkeit nur Sinn, weil und soweit sie dem Frieden zwischen den Staaten zugute kommt. Kriege, moderne zumal, verletzen elementare Forderungen der Gerechtigkeit, da in ihnen stets auch Unschuldige und Unbeteiligte (Nicht-Kombattanten) geschädigt werden. Die Benutzung eines Menschen als Mittel der Kriegführung, ob als Soldat oder als Angriffsziel, ist eine extreme Form der Instrumentalisierung. Daher ist der Eintritt in eine Friedensordnung, in der zumindest solche Akte der Mißachtung nicht länger systematisch erwartbar sind, ein moralisches Gebot.(16) Diesem Anspruch will das völkerrechtliche Gewaltverbot genügen. Seiner normativen Kraft können sich auch und gerade die Verfechter einer Politik der Menschenrechte nicht entziehen.

Keineswegs aber stützt diese Überlegung eine unbedingte Verteidigung des Souveränitätsprinzips. Eher zieht sie eine Verbindungslinie zwischen internationaler Gewalt und Großverbrechen im Inneren von Staaten. Wird eine Gruppe von 'ihrem' Staat regelrecht ausgebürgert, werden ihre Angehörigen zu rechtlosen Fremden erklärt und zu Mißhandlungen aller Art freigegeben, so können wir von interner Ausgrenzung sprechen. Wenn demnach Staaten ein Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung haben, warum dann nicht auch bedrängte Gruppen innerhalb von Staatsgrenzen? Will man Grenzen nicht fetischisieren, so muß man ihre Unantastbarkeit humanitär begründen. Dann aber kann diese Unantastbarkeit keine absolute sein.

Konsequent wäre es daher, würde das Völkerrecht auch solchen Menschen, die von staatlichen Organen oder (anderen) Mörderbanden heimgesucht werden, ein Recht auf Nothilfe zusprechen. Die ausdrückliche Aufnahme eines solchen Rechtes in die Charta der Vereinten Nationen hätte zwei Vorteile:

Zum einen bräuchte man militärische Maßnahmen zum Schutz dieser Menschen nicht länger über den Umweg der Friedensbedrohung zu rechtfertigen. Dafür spricht, daß der Friedensbegriff nicht über die Grenzen seiner alltagssprachlichen Bedeutung ausgedehnt werden müßte. Eine enge Fassung dieses Begriffes würde der Legitimation von Gewalt im Namen des Friedens so weit wie möglich vorbeugen: Das Völkerrecht sollte der Orwellschen Begriffsverwirrung ("Krieg ist Frieden"), zu der intervenierende Mächte ohnehin neigen, nicht auch noch Vorschub leisten.

Zum anderen würde die Entscheidungsfreiheit des Sicherheitsrates relativiert: Das Recht auf Notwehr und Nothilfe gilt als 'naturgegeben': Es kann keinem Opfer eines Angriffes abgesprochen werden und rechtfertigt kollektive Unterstützung - auch ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die zur Entscheidung befugten Organe. Bislang sieht die Charta eine solche Möglichkeit nur für den Fall einer internationalen Aggression vor: Wird ein Staat von einem anderen Staat angegriffen, so dürfen ihm dritte Parteien militärisch zu Hilfe kommen. Eine Nothilfe im Namen der Verhütung von Völkermord oder anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit kennt das geschriebene Völkerrecht nicht; insofern war Rudolf Scharpings Berufung auf diesen Rechtsgrundsatz zumindest voreilig.(17) Ich meine aber, daß der deutsche Verteidigungsminister, was immer man von seiner schrillen Rhetorik halten mag, auf eine ernste Lücke im bisherigen Rechtsverständnis hingewiesen hat: Fundiert man die Rechte von Staaten in den Rechten von Menschen, so ist die völkerrechtliche Bevorzugung des Souveränitätsprinzips nicht länger haltbar.

Auch ein erweitertes Recht auf Nothilfe stünde allerdings unter dem Vorbehalt der Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit des Sicherheitsrates. Die Gefahr des Mißbrauchs vorgeblich humanitärer Interventionen zu eigenen Zwecken spricht zudem für eine - ohnehin überfällige - Stärkung der zwischenstaatlichen Gerichtsbarkeit. Wer im Namen des Rechts zu handeln behauptet, muß daher beispielsweise zu einer strikten Selbstbindung an die Urteile des Internationalen Gerichtshofes bereit sein und im Falle einer rechtlichen Verurteilung von seinem Vorgehen ablassen.

Unstrittig ist, daß der NATO-Einsatz gegen geschriebenes Völkerrecht verstoßen hat und auch gewohnheitsrechtlich nicht unzweideutig gedeckt war.(18) Man mag es als zusätzlichen schweren Rechtsverstoß ansehen, daß das Bündnis die Zustimmung des Sicherheitsrates nicht einmal gesucht hat. Soweit sich darin eine "rechtsscheue Gesinnung" (Immanuel Kant) verriet - die vor allem auf amerikanischer Seite in einer regelrechten Verachtung der Vereinten Nationen wurzelt -, hat die Allianz dem Völkerrecht durch ihr Verhalten geschadet. Allerdings mußte man realistischerweise damit rechnen, daß Rußland und China ihre Vetomacht dazu mißbrauchen würden, einen Klientenstaat zu decken (Rußland) bzw. eine humanitäre Beschränkung der Souveränität grundsätzlich zu verhindern (China). Nicht nur Verstöße gegen den Wortlaut der Charta, auch ein Mißbrauch ihrer Bestimmungen durch eigeninteressierte Legalisten beschädigen die Autorität des Völkerrechts.

Mehr noch als innerstaatliches Recht ist das Völkerrecht "im Werden" begriffen. Seine faktische Entwicklung folgt gewiß den unregelmäßigen Wendungen eines Kampfes um Machtpositionen im internationalen System. Unzweifelhaft bringt es auch die jeweiligen Kräfteverhältnisse zwischen den Staaten und Bündnissen zum Ausdruck. Diese Feststellung allein macht die Frage nach der möglichen Legitimität des internationalen Rechts allerdings nicht gegenstandslos. Soll das Völkerrecht auch als gerechtfertigtes Recht gelten dürfen, so müssen seine wesentlichen Regeln und Prinzipien einer rationalen Rekonstruktion im Lichte moralischer Grundsätze und historisch erheblicher Erfahrungen zugänglich sein.(19)

Die Katastrophenerfahrung des Zweiten Weltkrieges und die Möglichkeit einer atomaren Apokalypse führten nach 1945 zu einem verständlichen Primat des Gewaltverbotes. Die neue Aufmerksamkeit für innergesellschaftliche Gewalt, die katastrophale Erfahrung des Zerfalls ganzer Staaten und die schwindende Bedeutung klassischer Angriffskriege sprechen heute für eine Überprüfung dieses Primats. Moralisch geben seit jeher die Rechte der einzelnen Menschen den Ausschlag. Es wird höchste Zeit, daß ihre kategorische Kraft auch im geschriebenen Völkerrecht zur Geltung gelangt.

Die Wahl der Mittel

Die bisherigen Überlegungen sollten die Behauptung stützen, daß die Rechtfertigung des Krieges durch die NATO eine wünschenswerte Weiterentwicklung des Völkerrechts vorweggenommen hat. Der Krieg kann so interpretiert werden, als habe ihm ein moralisch untermauertes reflexives Rechtsverständnis zugrunde gelegen. Dieser Pfad der Begründung läuft jedoch nicht auf eine grenzenlose Absegnung militärischer Gewalt hinaus. Im Gegenteil: Die menschenrechtliche Zweckbindung setzt der Kriegführung innere Schranken. Der Gewaltgebrauch muß dem humanitären Auftrag des Militärs tatsächlich gerecht werden, und das bedeutet viererlei:

Die Kriegführung muß erstens so direkt wie möglich den bedrohten und gequälten Menschen zugute kommen. Sie muß zweitens das neue Leid, das jeder Krieg unweigerlich mit sich bringt, so weit wie möglich minimieren. Sie muß sich drittens durch eine 'positive' Gesamtbilanz auch rückwirkend legitimieren lassen: Das insgesamt verhütete Übel muß das neu hervorgerufene erkennbar überwiegen. Im Lichte dieser Kriterien sind die intervenierenden Mächte viertens zu einer klugen Folgenkalkulation und zu einer jederzeitigen Überprüfung (der Auswirkungen) ihres Handelns verpflichtet. Widersinnig und moralisch verwerflich wäre eine humanitäre Intervention, die den potentiellen Opfern nicht diente, die eklatant gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht verstieße, die grausamer ausfiele als die Gewalt, gegen die sie sich wendete, und die auf einem folgenblinden Willen zur Tat oder auf vermeidbaren Fehleinschätzungen beruhte. An der Erfüllung dieser Kriterien bemißt sich, ob eine 'humanitäre Intervention' ihren Namen wirklich verdient: ob sie nicht nur subjektiv, der Absicht nach, sondern objektiv eine humanitäre Intervention ist.(20)

Es fällt (mir) schwer, die Intervention der NATO unter diesen Gesichtspunkten abschließend zu beurteilen. An jedem der vier Kriterien können begründete, aber wohl auch nicht unwiderlegbare Einwände ansetzen.

Man mag zum ersten bezweifeln, ob ein High-Tech-Krieg aus der Luft das geeignete Mittel ist, um ein Massaker am Boden zu verhindern."Für ein Gemetzel genügt ein Messer", schreibt der ungarische Schriftsteller István Eörsi.(21) Zu seiner Verhinderung aber mögen die teuersten Marschflugkörper nicht hinreichen. Der direkteste Schutz der Albaner wäre offensichtlich durch einen Bodenkrieg erreichbar gewesen. Wer aber hätte die damit verbundene Gefahr der nicht nur lokalen, sondern weltpolitischen Eskalation und das Risiko eines jahrelangen Kleinkrieges mit großen Verlusten auf sich nehmen wollen? Wer, vor allem, hätte den Menschen in den demokratischen Gesellschaften des Westens den Kriegstod tausender Söhne zumuten mögen? "Wir sind bereit zu sterben, ihr nicht" - die höhnische Großspurigkeit des Serbenführers traf den Nerv von Gesellschaften, die sich einerseits zur grundsätzlichen Verteidigung der Menschenrechte bekennen, die andererseits dem Menschenopfer im Krieg aus guten Gründen weitgehend abgeschworen haben.

Dieser Wunsch aber, eigene Opfer zu vermeiden, hat zur Kollision mit dem zweiten Kriterium für eine zulässige humanitäre Intervention geführt: Indem die NATO-Flugzeuge stets aus großen Höhen angriffen, haben sie eigene Verluste vermeiden können. Den Preis aber zahlten die Menschen, die von den fehlgesteuerten oder mit geringer Genauigkeit eingesetzten Waffen getroffen wurden. Die gewiß nicht gewollten, aber doch billigend in Kauf genommenen "Kollateralschäden" summieren sich zu womöglich mehr als tausend Toten unter der serbischen Zivilbevölkerung und unter der albanischen Bevölkerung im Kosovo.

Schon für sich genommen wirft diese grausige Bilanz einen großen Schatten auf den Erfolg des westlichen Bündnisses. Sie ruft aber auch einen prinzipiellen Einwand auf den Plan, der sich direkt aus der humanitären Rechtfertigung der Kriegführung herleiten läßt. Der Philosoph Michael Walzer formuliert diesen Einwand folgendermaßen: "Es reicht nicht aus, nur die Verhältnismäßigkeitsregel anzuwenden und nicht mehr Zivilisten zu töten als militärisch notwendig ist - diese Regel gilt auch für Soldaten; niemand darf aus geringfügigen Gründen getötet werden. Zivilisten haben ein Anrecht auf etwas mehr, und wenn die Rettung von Zivilisten bedeutet, daß das Leben von Soldaten aufs Spiel gesetzt wird, so muß dieses Risiko in Kauf genommen werden".(22)

Walzer hat dieses Argument nicht auf humanitäre Interventionen beschränkt, aber offensichtlich erhält es durch die menschenrechtliche Rechtfertigung des Krieges ein zusätzliches Gewicht: Wer behauptet, der Humanität zu dienen, darf nicht grundsätzlich das Leben der eigenen Soldaten über das der möglichen Angriffsopfer stellen.

Die vielleicht komplizierteste Frage wird durch das dritte Kriterium, die Gesamtbilanz der Übel, aufgeworfen. Nachweislich hat die NATO ihr erklärtes Kriegsziel, die Vertreibungen, Morde und übrigen Greueltaten zu stoppen, für die Dauer des Krieges verfehlt. Allerdings kann sie die Aktion rückwirkend rechtfertigen, indem sie auf die möglich gewordene Rückkehr der Vertriebenen hinweist. Wären die Flüchtlinge dauerhaft an der Heimkehr ins Kosovo gehindert worden, so hätten sie womöglich die gesamte Region destabilisiert. Vor allem aber ist das Recht der Albaner auf Rückkehr in ihre Heimat moralisch und juristisch unabweisbar.

Eine weiter ausgreifende Betrachtung könnte außerdem auf die mögliche Beispielwirkung des Krieges eingehen. Für den Krieg mag die Erwartung sprechen, daß die Entschlossenheit der NATO anderen Völkerschindern zur Mahnung dienen und sie effektiv zur Mäßigung anhalten werde. Der Historiker Dan Diner jedenfalls sieht im Vorgehen der westlichen Staaten ein normativ folgenreiches Schlüsselereignis: "Auch wenn die Allianz nicht jenen Erfolg errungen hat, den sie noch im März in Aussicht gestellt hatte, wird der politische Ertrag in mancher Hinsicht zukunftsweisend sein. Denn eines ist unübersehbar: Ethnische Säuberungen, die Schandmale Europas, werden als ein Mittel der Politik zur Homogenisierung von Nationalstaaten nicht länger hingenommen. Vielleicht wird dies ein neuer kategorischer Imperativ sein".(23)

Vielleicht. Gegner der Militäraktion mögen argwöhnen, daß der Imperativ ein anderer sein dürfte: Der Westen wird aufrüsten, um für künftige Kriege dieser Art noch besser gerüstet zu sein, die potentiellen Zielländer seiner Interventionen werden aufrüsten, damit es ihnen nicht ergehe wie den Serben. So oder so kann an der positiven Beispielwirkung von Kriegen im internationalen System gezweifelt werden. Hatte nicht Miloševic das Beispiel Hussein vor Augen? Dürfen sich nicht andere Menschenschinder in Sicherheit wähnen, weil ihre Staaten zu stark oder die Interessen der NATO-Staaten an ihrer Unantastbarkeit zu groß sind?

Vielleicht lehrt dieser Krieg nur eines: Wer das Schicksal der Serben vermeiden möchte, muß sich Atomwaffen zulegen oder so schnell wie möglich unter das Dach des westlichen Bündnisses schlüpfen. Auch wenn ich persönlich die Hoffnung Diners teile: Der Kosovokrieg schließt zynische Lesarten nicht aus. Er kann als Durchsetzung moralischer Prinzipien, er kann aber auch als bloße Züchtigung des Schwachen durch die Starken verstanden werden. Welche der beiden Lesarten sich bestätigen wird, hängt nicht zuletzt von der Wachsamkeit der Bevölkerungen vor allem in den demokratischen Ländern ab, die ihre Regierenden an deren menschenrechtlicher Rhetorik jederzeit messen sollten. Je selektiver das Eintreten für die Menschenrechte im internationalen System ausfällt, um so eher erscheint es als Fortsetzung herkömmlicher Machtpolitik hinter der Maske der Humanität.

War schließlich, um zum vierten Kriterium zu kommen, die Aktion so gut wie möglich geplant worden? Daran darf man zweifeln. Offensichtlich spielte in der Wahrnehmung der politisch Verantwortlichen die Analogie zu Dayton eine irreführende Rolle. Man glaubte, den relativen Erfolg von Bosnien wiederholen und durch gezielte Angriffe in kürzester Zeit das Einlenken Serbiens herbeibomben zu können. Übersehen wurde offenbar der besondere Stellenwert des Kosovo. Übersehen wurde, daß der serbischen Armee im Kosovo kein starker militärischer Gegner am Boden begegnet ist, der sich mit der kroatischen Armee in Bosnien vergleichen ließe. Faktisch ist damals der NATO ein Bodenkrieg zugute gekommen, der den Luftschlägen zusätzliche Nachachtung verschaffte.

Man darf es als glückliche Fügung ansehen, daß das Zusammenwirken von militärischer Destruktion und diplomatischem Druck die serbische Führung mürbe gemacht und der NATO die Erfahrung eines Bodenkrieges erspart hat. Selbstkritisch sollten sich allerdings die Kritiker der Luftschläge fragen, ob ihre Zweifel an der Zweckmäßigkeit der militärischen Mittelwahl nicht voreilig waren. Es steht zumindest nicht fest, ob diplomatischer Druck allein das serbische Einlenken bewirkt und den Weg zu einem Beschluß des Sicherheitsrates freigemacht hätte.

Schluß

Krieg für Menschenrechte - ist das nicht paradox? Beruhen nicht alle bisherigen Abwägungen auf einem fundamentalen Mißverständnis? Menschenrechte sind unveräußerliche Rechte, die Personen kraft ihres Menschseins zukommen. In ihrer unbedingten Beachtung liegt eine Minimalbedingung staatlicher Legitimität. Das gilt selbst dann, wenn sich durch ihre Verletzung die Gesamtsumme eines Übels vermindern ließe: Was etwa hielten wir von einem Arzt, der einen Menschen tötete, um fünf andere mit überlebenswichtigen Organen zu versorgen? Eben dieser Logik aber scheint die NATO tausendfach gefolgt zu sein.(24)

Die vermeintlich zwingende Analogie beruht, so glaube ich, auf einer Ebenenverwechslung. Ebenso wie Angriffskriege verletzen auch Völkermorde und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht lediglich besondere Rechte: Sie stellen die Möglichkeit einer Rechtsordnung als solcher in Frage. Ließe die Menschheit solche Verbrechen geschehen, so verletzte sie die Pflicht zu einer rechtlichen Regelung ihrer Angelegenheiten überhaupt.

Nur eine Welt, in der alle Menschen in einem Raum von Rechten leben, ist eine mögliche Welt der Menschenrechte. Völkermord oder Sklaverei schließen zumindest einige Menschen aus diesem Raum grundsätzlich aus, so wie eine erneute Zulassung des Angriffskrieges ihn grundsätzlich zur Zerstörung im Zeichen einer wildgewordenen Staatsraison freigäbe. Der zweiten Einsicht hat die Staatengemeinschaft mit dem Gewaltverbot Rechnung getragen. Die erste sollte sie zu einer förmlichen Gleichstellung gravierender innerstaatlicher mit zwischenstaatlicher Gewalt veranlassen.

Eine solche Gleichstellung bedeutete keine Rückkehr zur Doktrin eines "Gerechten Krieges". Sie bedeutete kein unvermitteltes Eindringen einer manichäischen Moral in den Hoheitsraum des Rechts. Das setzt allerdings voraus, daß die NATO ihren immerhin fragwürdigen Sieg nicht als Rechtfertigung für immer neue Selbstmandatierungen im Kampf um das Gute mißversteht.(25) Der gerade zu Ende gegangene Krieg hat gezeigt, daß humanitäre Interventionen schon faktisch einer wenigstens rückwirkenden Bestätigung durch die UNO bedürfen. Spätestens für einen Einsatz von Bodentruppen ist ein Konsens der Staatengemeinschaft unabdingbar.

Darin kann man immerhin auch eine positive Lehre sehen. Mögen auch die Vereinten Nationen zunächst mißachtet worden sein; mag auch die NATO sich zunächst die alleinige Kompetenz des Handelns und Entscheidens angemaßt haben: Am Ende kam auch sie um einen förmlichen Rückgriff aufs Recht nicht herum. Dieses Recht aber bedarf der menschenrechtlichen Verbesserung, so wie die NATO der Selbstbindung an seine Prinzipien bedarf.

Anmerkungen:  
(1) Astrid Hölscher: Völkerrechtssubjekt Mensch, in: FR, 7.April 99; Jürgen Habermas: Bestialität und Humanität. Ein Krieg an der Grenze zwischen Recht und Moral, in: Zeit, 29. April 99; Christian Semler: Staatskunst und Kriegshandwerk, in: tageszeitung, 5./6. Juni 99
 
(2) vgl. Michael Walzer: Gibt es den gerechten Krieg? Stuttgart 1982: S. 157
 
(3) Eine Würdigung des Vertragsentwurfes von Rambouillet unternimmt Ulrich Schneckener: Miloševics verpaßte Chance, in: FAZ, 24. April 99
 
(4) vgl.die detaillierte Nachzeichnung der Verhandlungen im Dossier der Zeit, 12. 5. 99
 
(5) Otto Kimminich: Einführung in das Völkerrecht. 6. Auflage, Tübingen - Basel 1997: S. 511; das Zitat bezieht sich auf Artikel 2 der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948.
 
(6) Urteil des IGH vom 5. Februar 1970 (Barcelona-Traction-Fall), in: International Court of Justice Reports 1970: S. 32
 
(7) vgl. Paulus Engelhardt: Die Lehre vom "gerechten Krieg" in der vorreformatorischen und katholischen Tradition. Herkunft - Wandlungen - Krise, in: Der gerechte Krieg: Christentum, Islam, Marxismus. Redaktion Reiner Steinweg (Friedensanalysen 12. Vierteljahresschrift für Erziehung, Politik und Wissenschaft) Frankfurt/M. 1980
 
(8) vgl. Detlef Richter: Störende Besucher. Ein paar Gedanken zum Begriff "Intervention", in: ami Heft 19, Oktober 1992 (Themenheft Militärische Interventionen). Ein erweitertes Interventionsverständnis wird diskutiert von Véronique Zanetti: Ethik des Interventionsrechts, in: Ch. Chwaszcza / W.Kersting (Hg.), Politische Philosophie der internationalen Beziehungen, Frankfurt/M. 1998; vgl.auch Simon Duke: The State and Human Rights Sovereignty versus Humanitarian Intervention, in: International Relations, August 1994, Vol. XII, Number 2: S. 25f.
 
(9) Vgl. Stefan Oeter: Humanitäre Intervention und Gewaltverbot: Wie handlungsfähig ist die Staatengemeinschaft? in: H. Brunkhorst (Hg.), Einmischung erwünscht? Menschenrechte und bewaffnete Intervention. Frankfurt/M. 1998: S.35; die definitorische Beschränkung auf Bürger oder Machtunterworfene des angegriffenen Staates dient der Abgrenzung der humanitären Intervention vom (völkerrechtlich anders bewerteten) diplomatischen Schutz. Vgl. dazu David Scheffer: Use of Force after the Cold War: Panama, Iraq, and the New World Order, in: J.T. Swing (ed.), Right vs. Might: International Law and the Use of Force, New York 1991; Simon Duke (wie Anm. 8): S. 28; Otto Kimminich (wie Anm. 5): S. 298
 
(10) Diese vielzitierte Formulierung stammt von Sir Hersh Lauterpacht, zit. in: Edwin M. Bouchard: The Diplomatic Protection of Citizens Abroad, New York 1922: S. 205
 
(11) Astrid Hölscher: Völkerrechtssubjekt Mensch, in: FR, 7. April 1999
 
(12) Diese neuere Entwicklung zeichnen nach: Richard B. Lillich: Humanitarian Intervention through the United Nations: Towards the Development of Criteria, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1993: 53/3: S.565ff.; Christopher Greenwood: Gibt es ein Recht auf humanitäre Intervention? in: Brunkhorst 1998 (wie Anm. 9); dieser zweite Artikel erschien zuerst in Europa Archiv Folge 4/1993
 
(13) Jürgen Habermas: Bestialität und Humanität (wie Anm. 1)
 
(14) vgl. die Beiträge in: Stefan Gosepath / Georg Lohmann (Hg.): Philosophie der Menschenrechte. Frankfurt/M. 1998
 
(15) Diese Formulierung übernehme ich von Michael Hartney: Some Confusions Concerning Collective Rights, in: W. Kymlicka (ed.), The Rights of Minority Cultures, Oxford 1995: S. 213. Sie entspricht der berühmten Forderung Immanuel Kants, alle Menschen jederzeit zugleich als Zweck, niemals nur als Mittel zu behandeln
 
(16) Bernd Ladwig: Frieden und Gerechtigkeit, in: ami Heft 11, November 1996 (Themenheft Friedenstheorien): S.25
 
(17)Den gleichen voreiligen Schluß zieht Andreas Zielcke: Individuen, hört die Signale, in: SZ, 17./18.April 99
 
(18)Ulrich Fastenrath: Intervention ohne UN-Mandat? in: FAZ, 22. April 99; Otto Ernst Kempen: Was man tut und was man darf, in: FAZ, 28. April 99; Michael Köhler: Wie guter Wille in schweres Unrecht führt, in: FAZ, 22. Mai 99
 
(19) Ich plädiere damit für eine Anwendung der rechtsphilosophischen Position Ronald Dworkins auf die Interpretation des Völkerrechts; vgl. ders.: Bürgerrechte ernstgenommen, Frankfurt/M. 1984; ders.: Law's Empire, Cambridge/Mass. 1986.
 
(20) Ähnliche Kriterienkataloge diskutieren u.a. Duke (wie Anm. 8); Lillich (wie Anm. 12) sowie Tobias Debiel: Humanitäre Intervention. Moralische Pflicht oder Türöffner für neokoloniale Machtpolitik? in: ami Heft 10, Oktober 1992 (Themenheft Militärische Interventionen).
 
(21) FAZ, 17.April 99
 
(22) Walzer (wie Anm. 2): S. 230
 
(23) Dan Diner: Ein Schlüsselereignis. Die atlantische Gegenwartskultur setzt auf dem Balkan ein unübersehbares Signal, in: Zeit, 10. Juni 99
 
(24) Diese Kritik formuliert besonders deutlich der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel: Das Elend der Beschützten. Der NATO-Angriff ist illegal und moralisch verwerflich, in: Zeit, 12. Mai 99
 
(25) In dieser Hinsicht lassen einerseits die neuen Strategischen Richtlinien des Bündnisses Böses ahnen (siehe die auszugsweise Dokumentation des Textes in der FAZ vom 27. April 99). Andererseits kann man bezweifeln, daß die Erfahrungen mit dem Kosovo-Konflikt gerade den Anhängern eines schrankenlosen Interventionismus zugute kommen werden; immerhin stand die NATO lange Zeit am Rande eines Gesichtsverlustes, und mit zunehmender Kriegsdauer schwand auch die Zustimmung in den Bevölkerungen der Bündnisstaaten.
 

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